Eine Pflichtteilsklausel, die auf ein „Verlangen“ des Pflichtteils nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten abstellt, greift nicht bereits dann ein, wenn der Pflichtteilsberechtigte die Erbenstellung des überlebenden Ehegatten angreift.
Eine Pflichtteilsklausel im gemeinschaftlichen Testament ist eine typische letztwillige Anordnung, durch die gemeinschaftlich testierende und sich gegenseitig als Erben, ihre Abkömmlinge als Schlusserben einsetzende Ehegatten sicherstellen wollen, dass dem Überlebenden bis zu seinem Tod der Nachlass ungeschmälert verbleibt und er nicht durch das Pflichtteilsverlangen eines Schlusserben gestört wird.
Eine derartige Klausel verfolgt das rechtlich nicht zu beanstandende Ziel, den Nachlass zunächst dem überlebenden Ehegatten ungeschmälert zukommen zu lassen. Im Zusammenhang mit der Schlusserbenregelung soll die Verwirkungsklausel auch das Interesse der Ehepartner, insbesondere des Erstversterbenden, daran sichern, dass nicht einer der Abkömmlinge bei der Verteilung des elterlichen Gesamtnachlasses bevorteilt wird. Diese Zwecke sollen dadurch erreicht werden, dass die Schlusserbeinsetzung der gemeinsamen Kinder unter die auflösende Bedingung eines Verlangens des Pflichtteils nach dem Erstversterbenden gestellt wird. Verlangt ein Schlusserbe den Pflichtteil nach dem ersten Todesfall, so entfällt seine Einsetzung als Schlusserbe, und zwar regelmäßig mit Wirkung auch für seine Abkömmlinge; es gilt dann nicht die Auslegungsregel des § 2069 BGB, vielmehr gilt die Anwachsung (§ 2094 BGB) als gewollt.
OLG München, Beschluss v. 6.12.2018, 31 Wx 374/17