Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Grundstücksübertragungsvertrag mit Pflegeverpflichtung
Bei einem Übertragungsvertrag mit Pflegevereinbarung unter Geschwistern ist die dauerhafte, von gegenseitigem Vertrauen der Parteien getragene Beziehung im Zweifel Geschäftsgrundlage des Vertrags. Ist das Verhältnis zwischen dem Übertragenden und dem Übernehmenden heillos zerrüttet, führt dies – vorbehaltlich vertraglicher Vereinbarungen – zu dem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der Übertragende kann die Rechte aus § 313 BGB geltend machen, es sei denn, die Zerrüttung ist eindeutig ihm allein anzulasten.
In der Regel tragen beide Vertragsparteien ihren Anteil daran und es lässt sich auch durch eine Beweisaufnahme kaum aufklären, ob der Anteil des einen oder des anderen überwiegt. Grund für den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist die eingetretene Zerrüttung, die ein Festhalten an dem Vertrag unzumutbar macht.
Es ist anerkannt, dass sich die betroffene Partei auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach Treu und Glauben nicht berufen kann, wenn sie nicht schutzwürdig ist . Dafür reicht es bei einem Übertragungsvertrag mit Pflegeverpflichtung jedoch nicht aus, dass der Übertragende überhaupt zu dem Zerwürfnis beigetragen hat oder dass dieses ihm in stärkerem Maße zurechenbar ist als dem Übernehmenden. Weil typischerweise beide Vertragsparteien mit ihrem Verhalten zu der Zerrüttung des Verhältnisses beitragen und ein eindeutiger Schwerpunkt der Verursachung hierfür auch durch eine Beweisaufnahme regelmäßig nicht bestimmt werden kann, ist dem Übertragenden das Festhalten an dem Vertrag trotz der Zerrüttung nur dann zumutbar, wenn feststeht, dass ihm diese ausnahmsweise allein anzulasten ist.
BGH, Urteil v. 9.7.2021, V ZR 30/20