Unterbliebene Zahlung der Prozesskosten eines früheren Räumungsprozesses durch den Mieter ist kein Kündigungsgrund
Unterbliebene Zahlung der Prozesskosten eines früheren Räumungsprozesses durch den Mieter ist kein Kündigungsgrund
Hintergrund: Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Wohnraum nur dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Dies liegt z. B. vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (z. B. Störung des Hausfriedens, Nichteinhaltung der Hausordnung). Auch ein nicht unerheblicher Zahlungsrückstand kann dabei zu einer ordentlichen Kündigung berechtigen. Ein Recht zur fristlosen Kündigung hat der Vermieter, wenn der Mieter ihm mehr als zwei Monatsmieten schuldet. Das fristlose Kündigungsrecht erlischt jedoch, wenn der Vermieter bis spätestens zum Ablauf von zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage die rückständigen und fälligen Mieten bekommt. Diese „Verschonung“ kann der Mieter nur einmal innerhalb von zwei Jahren in Anspruch nehmen.
Streitfall: Ein Mieter hat eine Wohnung in Lüneburg angemietet. Im Dezember 2006 kündigte die Vermieterin wegen eines erheblichen Zahlungsrückstands das Mietverhältnis fristlos und erhob anschließend Räumungsklage. Innerhalb der „Schonfrist“ wurden die Mietrückstände von der ARGE (Arbeitsgemeinschaft des kommunalen Trägers und der Agentur für Arbeit für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II) beglichen, so dass der Rechtsstreit erledigt war. Dem Mieter wurden vom Gericht die Prozesskosten auferlegt. Der Mieter hat diese Kosten bislang nicht gezahlt. Im November 2008 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis deswegen erneut. Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Vermieterin abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Entscheidung: Die Revision der Vermieterin vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatte keinen Erfolg. Der BGH vertritt die Auffassung, dass die unterbliebene Zahlung der – in dem früheren Räumungsprozess angefallenen – Prozesskosten weder eine ordentliche noch eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erlaubt:
* Der Mieter verletzt seine Pflichten aus dem Mietvertrag, wenn er die Prozesskosten aus einem früheren Räumungsprozess nicht begleicht, seine Pflichten aus dem Mietvertrag.
* Diese Pflichtverletzung muss aber unter dem Hintergrund gesehen werden, dass die Kündigung laut Gesetz „wegfällt“, wenn der Mieter innerhalb der Zwei-Monats-Frist nach Einreichung der Räumungsklage die rückständigen Mieten neben den laufenden bezahlt.
* Ziel der „Verschonungs-Regelung ist es, die Obdachlosigkeit des Mieters zu vermeiden. Damit ist es nicht zu vereinbaren, wenn zwar die außerordentliche Kündigung bei Zahlung der Rückstände entfällt, der Vermieter jedoch die Möglichkeit hat, das Mietverhältnis erneut zu kündigen, weil der Mieter die Prozesskosten des erledigten Räumungsrechtsstreits nicht begleichen kann.
Hinweis: Eine Kündigungserklärung muss bei Wohnraummietverhältnissen schriftlich erfolgen. Bei fristlosen Kündigungen durch den Vermieter muss dieser die einzelnen Gründe der Kündigung vollständig aufzählen, da sie anderenfalls unwirksam ist. Sind z.B. Eheleute gemeinsam Vermieter, müssen sie die Kündigung beide unterschreiben.
BGH, Urteil v. 14.7.2010 – VIII ZR 267/09
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