Hintergrund: Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig und nachhaltig ausübt. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist hierfür nicht erforderlich.
Streitfall: Ein Ehepaar meldete sich im Herbst 2001 bei der Internet-Auktion „eBay“ unter einem gemeinsamen Benutzernamen an und verkaufte in den folgenden vier Jahren ca. 1.200 Gebrauchsgegenstände wie z. B. Puppen, Besteck, Briefmarken, Münzen oder Uhren; nach Angaben des Ehepaars handelte es sich dabei um die Auflösung ihrer Privatsammlungen. Die Erlöse beliefen sich jährlich auf 20.000 € bis 35.000 €. Umsatzsteuer führte das Ehepaar nicht ab. Nachdem das Finanzamt aufgrund einer Anzeige von den Verkäufen erfahren hatte, setzte es gegen das Ehepaar Umsatzsteuer auf die Erlöse mit der Begründung fest, die Eheleute seien Unternehmer gewesen.
Entscheidung: Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) wies die Klage ab. Die Eheleute waren unternehmerisch tätig und daher zur Abführung von Umsatzsteuer auf ihre Erlöse verpflichtet. Das FG begründete sein Urteil wie folgt:
* Die Eheleute haben selbständig Einnahmen erzielt und waren gemeinschaftlich tätig, wie sich aus der Verwendung eines gemeinsamen Benutzernamens und eines gemeinschaftlichen Bankkontos ergab.
* Die Eheleute waren auch nachhaltig tätig, d. h. regelmäßig. Hierfür sprachen die Anzahl der Verkäufe (ca. 1.200), die Dauer der Tätigkeit (vier Jahre) und die Höhe der Erlöse (jährlich mehr als 20.000 €).
* Das Ehepaar musste sich zudem bei jedem Verkauf Gedanken über die Darstellung des Angebots auf der Internetseite machen, insbesondere ein Mindestangebot angeben, ein digitales Foto „hochladen“, den Zahlungseingang überwachen und die – zumeist zerbrechliche – Ware versenden. Dazu war ein nicht unerheblicher Organisationsaufwand erforderlich, zumal die Leistungen eines eBay-Verkäufers auch vom jeweiligen Käufer bewertet werden. Das FG ging von einem zeitlichen Aufwand von mindestens einer Stunde pro Tag aus.
* Zwar hatten die Eheleute die Gegenstände nicht zwecks Handelns erworben. Die Unternehmereigenschaft hängt aber nicht von der Art des Einkaufs ab, sondern nur von der Nachhaltigkeit der Verkäufe.
Hinweise: Laut Rechtsprechung des Bundesfinanzhof (BFH) besteht keine Umsatzsteuerpflicht, wenn eine private Sammlung in einem oder mehreren Verkäufen aufgelöst und verkauft wird. Aus Sicht des FG wich der Streitfall aber von der BFH-Rechtsprechung ab; denn dort handelte sich nicht nur um eine einzige Sammlung, sondern um eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Produktgruppen, die von den Eheleuten angeboten und verkauft wurden. Außerdem war der zeitliche Aufwand der Eheleute deutlich höher als in dem vom BFH entschiedenen Fall. Das FG hat aber die Revision zugelassen.
Sofern die jährlichen Gesamtumsätze nicht höher sind als 17.500 €, braucht ein eBay-Verkäufer als sog. Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer abzuführen. Diese Grenze war im Streitfall aber überschritten.
FG Baden-Württemberg, Urteil v 22. 9.2010 – 1 K 3016/08
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