Hintergrund: Wer nachhaltig (d. h. regelmäßig), selbständig und entgeltlich tätig ist, ist Unternehmer: Er muss dann Umsatzsteuer aus den Erlösen an das Finanzamt abführen, darf im Gegenzug aber Vorsteuer u. a. aus den Anschaffungskosten der Ware abziehen. Auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es nicht an.
Sammler, die lediglich aus privatem Interesse Sammlungen aufbauen oder Stücke daraus verkaufen, sind keine Unternehmer. Die Abgrenzung kann im Einzelfall aber durchaus schwierig sein, wie der jetzt vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedene Fall zeigt.
Streitfall: Eine GmbH erwarb im Zeitraum 1986 bis 1991 insgesamt 126 Autos, von denen ca. 40 Fahrzeuge „Oldtimer“ waren. Alle Autos sollten Teil einer Sammlung von klassischen Fahrzeugen werden, eingelagert und nach etwa 20 bis 30 Jahren mit Wertsteigerung verkauft werden. Die Fahrzeuge wurden in einer Tiefgarage untergestellt. Ab dem Jahr 1992 verkaufte die GmbH die Fahrzeuge mit einem Verlust von ca. 3 Mio. DM.
Die GmbH machte einen Vorsteuerabzug aus dem Ankauf der Fahrzeuge sowie aus den Einlagerungskosten geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug mit der Begründung, dass die GmbH nicht unternehmerisch tätig geworden ist.
Entscheidung: Der BFH schloss sich der Auffassung des Finanzamts an. Die GmbH war nicht unternehmerisch tätig geworden:
Ob jemand unternehmerisch, insbesondere nachhaltig tätig ist, hängt von folgenden Kriterien ab:
Dauer und Intensität der Tätigkeit,
Höhe der Erlöse und Zahl der ausgeführten Umsätze,
Beteiligung am Markt durch Werbung,
das Vorhandensein von Geschäftsräumen.
Beim Aufbau einer Sammlung, die auch einen privaten Bezug aufweisen kann (wie z. B. beim Ankauf von Münzen oder Briefmarken) ist zudem zu prüfen,
ob der Sammler beim An- und Verkauf der Stücke wie ein Händler agiert – dann ist er Unternehmer – , oder
ob er beim An- und Verkauf wie ein privater Sammler auftritt und die Stücke nur aus privaten Neigungen erwirbt – dann sind An- und Verkauf umsatzsteuerlich unbeachtlich.
Im Streitfall ist die GmbH wie ein privater Sammler und nicht wie ein Händler aufgetreten. Denn sie plante, die Fahrzeuge zunächst 20 bis 30 Jahre einzulagern und nicht laufend zu veräußern. Gerade bei den erworbenen Oldtimern wäre aber ein laufender Verkauf von vornherein möglich gewesen. Außerdem verfügte die GmbH nicht über Geschäftsräume; die Tiefgarage ist kein Geschäftslokal sondern nur ein Lagerraum. Die GmbH hatte auch nicht für ihren Autohandel Werbung gemacht.
Hinweis: Die Bedeutung des Urteils beschränkt sich nicht nur auf Sammler von „Oldtimern“, sondern betrifft alle Steuerpflichtigen, die Sammlungen aufbauen und damit aufgrund einer Wertsteigerung Gewinne erzielen wollen; Beispiele sind der Ankauf von Weinen, antiquarischen Büchern, Schallplatten, Münzen oder Briefmarken. Wollen Sammler den Vorsteuerabzug geltend machen, müssen sie schon beim Ankauf wie ein Händler auftreten; außerdem müssen sie – soweit Wertsteigerungen eingetreten sind – spätestens dann auch Verkäufe tätigen.
Ein vergleichbares Problem stellt sich beim Verkauf einer Sammlung: Verhält sich der Steuerpflichtige beim Ankauf als Händler, wird der Veräußerungserlös umsatzsteuerpflichtig sein. Als privater Sammler unterliegt der Verkauf grundsätzlich nicht der Umsatzsteuer. Ausnahmen können sich aber ergeben, wenn der Sammler nur beim Verkauf – im Gegensatz zum Ankauf – als Händler auftritt. Vor dem Verkauf von privaten Sammlungen sollte daher unbedingt steuerlicher Rat eingeholt werden. Denn die Finanzverwaltung hat vor allem sog. Privatverkäufe bei Online-Aktionen wie bei eBay immer im Visier.
BFH, Urteil v. 27.1.2011 – V R 21/09
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