Umfang eines Akteneinsichtsanspruchs
Die unterbliebene Gewährung von Akteneinsicht stellt eine Verletzung rechtlichen Gehörs dar.
Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO können die Beteiligten die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Mit letzteren sind die tatsächlich dem Gericht vorliegenden Akten gemeint. Ein Recht auf Einsicht in die dem Gericht nicht vorgelegten Akten besteht nicht. Ein Beschluss, mit dem das FG Einsicht in Akten gewährt, die ihm selbst nicht vorliegen und die es nicht kennt, wäre vielmehr rechtswidrig. Davon zu trennen und in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich ist die Frage, ob das FG im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht aus § 76 Abs. 1 FGO weitere Akten hinzuzuziehen hatte.
Der Akteneinsicht steht es nicht entgegen, wenn die einzusehenden Akten lediglich aus wenigen Blättern bestehen, die der Antragsteller selbst kennt. Dem FG, das seinerseits die Akten kennt, erscheint deshalb die Akteneinsicht als pure Förmelei. Der jeweilige Antragsteller aber kennt zwar den mit ihm geführten Schriftverkehr, nicht jedoch die Akten, weiß deshalb nicht, ob sich der Inhalt der Akten in diesem Schriftverkehr erschöpft. Der Akteneinsichtsanspruch dient gerade dazu, sich des Akteninhalts selbst vergewissern zu können.
BFH, Beschluss v. 30.5.2022.II B 55/21