Steuerberaterhaftung und Rangrücktrittsvereinbarung
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt die Haftung eines Steuerberaters in Betracht, wenn der Berater nicht nur eine Handelsbilanz erstellt, sondern darüber hinaus in der Bilanz eine insolvenzrechtliche Überschuldung der Gesellschaft ausschließt. Entweder, indem er unter Bezug auf Rangrücktrittsvereinbarungen die Feststellung trifft, dass es sich um eine „Überschuldung rein bilanzieller Natur“ handele, oder indem er feststellt, dass die Gesellschaft nur „buchmäßig überschuldet“ sei . Aus solchen Hinweisen lässt sich entnehmen, dass der Steuerberater eine über die steuerliche Bilanzierung hinausgehende Leistung in Form der Prüfung der Insolvenzreife erbracht hat. Aufgrund der wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung der Angelegenheit handelt es sich insoweit auch nicht um eine bloße Gefälligkeit des Beraters, sondern um eine – im Wege stillschweigender Mandatserweiterung.
Die Frage, ob ein Steuerberater im Rahmen der Prüfung der Insolvenzreife einer Gesellschaft die etwaige zivilrechtliche Unwirksamkeit einer Rangrücktrittserklärung aufgrund einer Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund für die Zukunft juristisch prüfen muss und darf, hat das LG München verneint. Es handelt sich hierbei um ein erkennbar hochkomplexes schuldrechtliches/insolvenzrechtliches Problem, das in der Rechtsprechung und Rechtsliteratur unterschiedlich diskutiert wird. Für die Beantwortung einer solchen Rechtsfrage ist ein Steuerberater beruflich nicht ausgebildet. Es würde sich um eine klassische Rechtsberatung handeln, die einem Steuerberater durch § 5 RDG untersagt ist und die nicht mehr als „Nebenleistung zum Berufsbild des Steuerberaters“ eingestuft werden kann.
Der Steuerberater hat bei der Prüfung der Insolvenzreife lediglich die Pflicht, das Vorliegen einer Rangrücktrittsvereinbarung als solcher zu überprüfen. Von deren Wirksamkeit kann und darf er ausgehen, wenn nicht offensichtliche Unwirksamkeitsgründe vorliegen. Die Beurteilung der Insolvenzreife muss und darf er dann ohne Berücksichtigung dieser zurückgetretenen Schulden vornehmen. Die generelle Beratung durch den Steuerberater im Zusammenhang mit einer Rangrücktrittserklärung ist im Hinblick auf § 5 RDG allgemein als unbedenklich angesehen. Rangrücktritte werden typischerweise im Zusammenhang mit einer drohenden Insolvenz zur Abwendung einer rechnerischen Überschuldung vorgenommen.
LG Münster, Urteil v. 23.8.2017, 110 O 40/16
Hinweis: Es wurde Berufung eingelegt, Az. OLG Hamm: I-25 U 31/17