Hintergrund: Als außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen absetzbar, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, d. h. denen sich der Steuerpflichtige aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Typische Beispiele hierfür sind z. B. die Wiederbeschaffungskosten für Hausrat nach einem Brand oder Krankheitskosten.
Streitfall: Ein Ehepaar hatte im Jahr 2000 ein Grundstück, das mit einem 1973 errichteten Fertighaus bebaut war, gekauft. Das Haus war mit Asbest sowie mit mittlerweile verbotenen Holzschutzmitteln belastet. Nachdem die Tochter des Ehepaares im Jahr 2006 an Asthma erkrankt war, sanierten die Eheleute das Haus im Jahr 2008 und wandten hierfür ca. 33.000 € auf. Diesen Betrag machten sie in ihrer Einkommensteuererklärung vergeblich als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Die Eheleute legten im Einspruchs- sowie im Klageverfahren verschiedene Gutachten und Bescheinigungen vor, u. a. die eines Facharztes für Pneumologie, nach der die Sanierung des Fertighauses wegen der Belastung für die Atemwege schädlicher Substanzen erforderlich gewesen ist.
Entscheidung: Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) verneinte außergewöhnliche Belastungen und wies die Klage mit der folgenden Begründung ab.
Die Sanierungskosten waren nicht durch die Krankheit der Tochter verursacht. Aus dem ärztlichen Gutachten ergab sich keine konkrete Erkrankung, die auf die verwendeten Baustoffe zurückgeführt werden konnte.
Die Sanierungsaufwendungen dienten auch nicht der Beseitigung existenzbedrohender Schäden. Die Anschaffung eines schadstoffbelasteten Hauses ist kein von außen kommendes Ereignis wie z. B. eine Naturkatastrophe. Zudem sind solche Schadensbeseitigungskosten nicht zwangsläufig außergewöhnlich, weil Baumängel häufig vorkommen.
Kosten für die Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung können außergewöhnliche Belastungen sein. In diesem Fall muss der Steuerpflichtige aber nachweisen, dass konkrete Gesundheitsschäden zu befürchten waren. Es genügt also nicht, dass es nur um die Gesundheitsvorsorge ging.
Aus den Gutachten ergaben sich lediglich allgemeine Gesundheitsgefährdungen bzw. Umweltbelastungen. Es fehlten Aussagen, dass die Belastung mit bestimmten Giften derart hoch war, dass eine gesundheitliche Gefährdung der Bewohner des Hauses bereits eingetreten war oder aber zumindest unmittelbar bevorstand.
Hinweise: Das FG ließ offen, ob die Gutachten bereits vor der Durchführung der Sanierung hätten erstellt werden müssen oder ob dies auch nachträglich möglich war. In jedem Fall waren die Gutachten nicht konkret genug, Dies wiederum ist ein typisches Problem, wenn das Gutachten erst nach erfolgter Sanierung in Auftrag gegeben wird. Denn dann kann nur noch schwer festgestellt werden, wie groß und wie konkret die Gesundheitsgefährdung vor der Sanierung tatsächlich war.
Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, so dass dieser nun entscheiden muss, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Sanierungskosten als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind.
Im Jahr 2010 hat einer anderer Senat des FG übrigens entschieden, dass der Befall einer Wohnung mit Hausschwamm eine private Katastrophe darstellt, die eher mit einem Wohnungsbrand als mit einem Baumangel vergleichbar ist, die Eigentümerin konnte die Aufwendungen für die Beseitigung des Hausschwammes teilweise als außergewöhnliche Belastungen (unter Berücksichtigung einer Wertsteigerung der Wohnung) geltend machen. In diesem Fall ist die Revision beim BFH anhängig.
FG Niedersachsen, Urteil v. 17.2.2011 – 14 K 425/09, Revision beim BFH: VI R 21/11
Dies ist ein Service in Zusammenarbeit mit Verlag NWB.