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Maßgebende Steuerklassen bei ehemaligem Adoptionsverhältnis

Archiv 2007 - 2014

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 17.3.2010, II R 46/08

Maßgebende Steuerklassen bei ehemaligem Adoptionsverhältnis

Leitsätze

Die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 gelten nicht, wenn die Verwandtschaft eines Adoptivkindes zum Erblasser bereits vor dem Erbfall durch Aufhebung des Annahmeverhältnisses erloschen ist .

Tatbestand

I. Der 1938 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde durch notariell beurkundeten Adoptionsvertrag vom 31. Oktober 1950 von seinem Onkel und dessen Ehefrau CB an Kindes statt angenommen. Der Kindesannahmevertrag wurde mit notariell beurkundetem und vormundschaftsgerichtlich genehmigtem Vertrag vom 18. September 1959 wieder aufgehoben.

In einem 1995 errichteten gemeinschaftlichen Testament setzten sich die Eheleute gegenseitig zum Erben ein und bestimmten, dass der Kläger Erbe des zuletzt Versterbenden werden sollte. CB, die ihren Ehemann überlebt hatte, verstarb am 16. Februar 2004.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) setzte mit Bescheid vom 4. Juli 2005 gegenüber dem Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von 43.171 EUR fest, wobei davon ausgegangen wurde, dass der Kläger zur Steuerklasse III gehört.

Der Einspruch, mit dem der Kläger als ehemaliger Adoptivsohn die Zuordnung zur Steuerklasse I, hilfsweise zur Steuerklasse II begehrte, hatte nur hinsichtlich des Hilfsantrags Erfolg. Die Erbschaftsteuer wurde im geänderten Bescheid vom 23. August 2005 auf 31.042 EUR herabgesetzt.

Die Klage wurde abgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) in dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1647 veröffentlichten Urteil aus, der Kläger sei zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr Adoptivsohn der Erblasserin und damit kein Kind i.S. von § 15 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für den Streitfall maßgebenden Fassung (ErbStG) gewesen. § 15 Abs. 1a ErbStG gelte nicht für ehemalige Adoptionsverhältnisse.

Mit der Revision rügt der Kläger die fehlerhafte Anwendung des § 15 Abs. 1a ErbStG. Nach dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang des Gesetzes sei die Vorschrift dahin zu verstehen, dass ein ehemaliges Adoptivkind die Steuerklasse I beanspruchen könne, obwohl nach Aufhebung der Adoption zivilrechtlich eine Verwandtschaft zu den Adoptiveltern nicht mehr bestehe.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Erbschaftsteuerbescheid vom 23. August 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. März 2006 dahin zu ändern, dass ein Freibetrag von 205.000 EUR berücksichtigt und die Erbschaftsteuer auf 0 EUR festgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Entscheidung des FG, dem Kläger als ehemaligem Adoptivkind nicht den für Kinder maßgeblichen Freibetrag zu gewähren, ist rechtmäßig. § 15 Abs. 1a ErbStG gilt nicht für ein Adoptivkind, dessen Verwandtschaft zum Erblasser bereits vor dem Erbfall durch Aufhebung des Annahmeverhältnisses erloschen ist.

1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bleibt in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erwerb der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 205.000 EUR steuerfrei. Zu dieser Steuerklasse gehören die Kinder und Stiefkinder (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Verwandtschaft durch Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich erloschen ist (§ 15 Abs. 1a ErbStG).

2. § 15 Abs. 1a ErbStG begünstigt Erwerber in den Fällen, in denen die Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich zum Erlöschen der Verwandtschaft geführt hat, die Annahme als Kind also den Erlöschensgrund darstellt. Dafür spricht neben dem Wortlaut vor allem die Entstehungsgeschichte der Regelung.

a) § 15 Abs. 1a ErbStG wurde durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 18. August 1980 (BGBl I 1980, 1537) eingefügt. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung war die Änderung eine Folge des neuen Adoptionsrechts (BTDrucks 8/3688, S. 23).

Im Adoptionsgesetz (AdG) vom 2. Juli 1976 (BGBl I 1976, 1749) wurden die §§ 1741 bis 1772 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit Wirkung ab 1. Januar 1977 völlig neu gefasst. Bis zu dieser Neuregelung erlangte ein Kind durch die Annahme an Kindes statt zwar die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden (§ 1757 Abs. 1 BGB in der vor dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung –BGB a.F.–), wobei sich die Wirkungen der Annahme nicht auf die Verwandten des Annehmenden erstreckten (§ 1763 Satz 1 BGB a.F.); als Adoptivkind gehörte es nach § 15 Abs. 1 I Nr. 2 Buchst. b ErbStG a.F. zur Steuerklasse I. Nach § 1764 BGB a.F. blieben aber die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Kinde und seinen Verwandten ergaben, durch eine Annahme an Kindes statt grundsätzlich unberührt. Das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinen leiblichen Eltern und den bisherigen Verwandten blieb weiterhin bestehen und war demzufolge auch erbschaftsteuerrechtlich nach § 15 Abs. 1 ErbStG für die Steuerklasse zu berücksichtigen.

Dagegen erlöschen nach Inkrafttreten der Neuregelungen im AdG bei der Annahme Minderjähriger gemäß § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten. Um zu verhindern, dass sich das Erlöschen des bürgerlich-rechtlichen Verwandtschaftsverhältnisses in erbschaftsteuerrechtlicher Hinsicht nachteilig auswirkt, bestimmt § 15 Abs. 1a ErbStG, dass die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 auch hier gelten (vgl. Kapp/Ebeling, § 15 ErbStG, Rz 30, 30.1; Längle in Fischer/Jüptner/Pahlke, ErbStG, 1. Aufl., § 15 Rz 45, 46; Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 15 ErbStG Rz 39; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 15 Rz 17, 18; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 15 Rz 49; Götz/ Ohletz in Wilms/Jochum, ErbStG, § 15 Rz 82; Tiedtke/Wälzholz in Tiedtke, ErbStG, 2009, § 15 Rz 16; Högl in Gürsching/ Stenger, BewG und ErbStG, § 15 ErbStG Rz 34). Bereits vor dem Inkrafttreten des § 15 Abs. 1a ErbStG war aufgrund von Verwaltungsanweisungen entsprechend verfahren worden (vgl. Niedersächsisches Finanzministerium, Erlass vom 13. Dezember 1979 – S 3820 – 10 R – 34, Der Betrieb 1980, 139).

Auch der Bundesfinanzhof geht im Urteil vom 14. Mai 1986 II R 37/84 (BFHE 146, 471, BStBl II 1986, 613) davon aus, dass die Neuregelung des § 15 Abs. 1a ErbStG Sachverhalte betrifft, in denen die bürgerlich-rechtliche Verwandtschaft mit den leiblichen Eltern erloschen ist.

b) § 15 Abs. 1 und Abs. 1a ErbStG haben zur Folge, dass bei der Adoption Minderjähriger die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 sowohl bei Erwerben im bisherigen Verwandtschaftskreis als auch bei Erwerben in dem durch die Annahme als Kind neu begründeten Verwandtschaftskreis Anwendung finden, also eine Doppelbegünstigung eintritt. Dies lässt sich nach dem Gesetzeszweck damit rechtfertigen, dass erbschaftsteuerrechtlich das durch die Annahme als Kind erloschene Verhältnis zu den leiblichen Verwandten dem kraft Gesetzes entstandenen Verwandtschaftsverhältnis zu dem Annehmenden und dessen Verwandten für die Zuordnung des Erwerbers zu einer Steuerklasse gleichzustellen ist.

c) Ein ehemaliges Adoptionsverhältnis fällt entgegen der Auffassung des Klägers nicht in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1a ErbStG (vgl. Kapp/Ebeling, § 15 ErbStG, Rz 30.1; Längle, a.a.O., § 15 Rz 47).

Zwar wäre es nach dem Wortlaut der Vorschrift möglich, sie dahin zu verstehen, dass die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 auch dann gelten sollen, wenn eine Verwandtschaft, die durch Annahme als Kind begründet worden ist, bürgerlich-rechtlich erloschen ist. Das Tatbestandsmerkmal „Annahme als Kind“ würde in diesem Fall nicht –wie bei dem durch die Annahme als Kind bedingten Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses zur leiblichen Verwandtschaft– den Grund für das Erlöschen der Verwandtschaft bezeichnen, sondern den Grund für das Entstehen der Verwandtschaft. Dies würde aber dazu führen, das Tatbestandsmerkmal „Annahme als Kind“ innerhalb der Vorschrift in unterschiedlicher Weise zu verstehen, was dem gesetzgeberischen Willen nicht entspricht. Der Gesetzgeber hat die Vorschrift als Folge des neuen Adoptionsrechts geschaffen und damit dessen nachteilige Auswirkungen auf die Steuerklassen im Erbschaftsteuerrecht ändern wollen. Für eine in diesem Zusammenhang beabsichtigte Begünstigung ehemaliger Adoptionsverhältnisse sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.

Die Anwendung der Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 auf einen Erwerber, dessen Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser durch eine Annahme als Kind begründet und noch vor Eintritt des Erbfalls durch Aufhebung des Annahmeverhältnisses wieder erloschen ist, ist auch nicht aus erbschaftsteuerrechtlicher Sicht zwingend geboten. Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, die durch Aufhebung der Adoption erloschenen Verwandtschaftsverhältnisse hinsichtlich der Steuerklasse ebenso zu behandeln wie Verwandtschaftsbeziehungen zu den leiblichen Verwandten, die seit der Neuregelung des Adoptionsrechts gemäß § 1755 Abs. 1 BGB durch die Annahme als Kind erlöschen. Allein ein möglicherweise weiter bestehendes persönliches Verhältnis des ehemaligen Adoptivkindes zu seinen früheren Adoptiveltern reicht hierfür nicht aus.

9. Mai 2010/von Ulrike Fuldner
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