Krankheitsbedingte Unterbringung im Altersheim steuerlich absetzbar
Hintergrund: Krankheitskosten sind im Regelfall als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzbar. Zu den Krankheitskosten können auch die Aufwendungen für die Unterbringung in einem Altersheim gehören. Dies setzte aber nach der bisherigen Rechtsprechung voraus, dass
* dem Steuerpflichtigen zusätzliche Pflegekosten in Rechnung gestellt werden
* oder der Steuerpflichtige einen Schwerbehindertenausweis hat, in dem das Merkzeichen „H“ oder „Bl“ vermerkt ist.
Streitfall: Der Bundesfinanzhof (BFH) musste jetzt entscheiden, ob die Unterbringungskosten in einem Pflegeheim auch dann als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind, wenn keine der beiden o.g. gesonderten Voraussetzungen erfüllt ist. Die 75 Jahre alte betroffen Steuerpflichtige war psychisch schwer krank, nicht jedoch schwerbehindert. Das zuständige Amtsgericht ordnete im Jahr 2005 die Betreuung der Frau aufgrund ihrer psychischen Erkrankung an. Nach einer ärztlichen Bescheinigung ebenfalls aus dem Jahr 2005 war die Unterbringung der Frau in einem Seniorenheim im Bereich des Betreuten Wohnens dringend erforderlich. Die Frau zog in ein Seniorenheim, ohne ihre bisherige Wohnung aufzugeben, und zahlte eine monatliche Miete von 1.288 € an das Heim sowie Verpflegungskosten von monatlich 269 €. Pflegekosten wurden der Frau nicht in Rechnung gestellt. Sie machte die Heimmiete als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt erkannte dies nicht an.
Entscheidung: Der BFH gab der Klage der Steuerpflichtigen mit folgender Begründung statt:
* Zu den Krankheitskosten zählen auch die Aufwendungen für die Unterbringung in einem Altersheim, wenn die Unterbringung durch eine Krankheit veranlasst ist.
* Die Ursächlichkeit der Krankheit für die Unterbringung in einem Altersheim ergab sich im Streitfall zum einen aus dem Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts und zum anderen aus der ärztlichen Bescheinigung. Denn beide Unterlagen beschrieben eine schwere psychische Erkrankung der Frau und deren Unfähigkeit, für sich selbst zu sorgen. Ein amtsärztliches Attest war insoweit nicht erforderlich.
* Die bisherige strenge Rechtsprechung gibt der BFH auf: Es ist also nicht mehr erforderlich, das dem Steuerpflichtigen zusätzliche Pflegekosten in Rechnung gestellt werden oder dass das Merkmal „H“ oder „BI“ in seinem Schwerbehindertenausweis eingetragen ist. Eine krankheitsbedingte Unterbringung liegt also auch dann vor, wenn eine ständige Pflegebedürftigkeit noch nicht gegeben ist.
Hinweise: Der BFH lockert mit seinem Urteil seine bisherige Rechtsprechung und erweitert damit die Abziehbarkeit von Unterbringungskosten in einem Altersheim. Entscheidendes Kriterium ist damit nur noch, ob die Unterbringung krankheitsbedingt erfolgt ist. Auf die Pflegebedürftigkeit kommt es somit nicht mehr an.
Die Unterbringungskosten sind um eine sog. zumutbare Eigenbelastung, deren Höhe sich nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte richtet, sowie um eine sog. Haushaltsersparnis (im Streitfall: 7.680 €) zu kürzen.
BFH, Urteil v. 13.10.2010 – VI R 38/09
Dies ist ein Service in Zusammenarbeit mit Verlag NWB.