Kindschaftsrecht: Wechselmodell statt Umgangsmodell
Ein funktionierendes Umgangsmodell, das dem konstant geäußerten Willen der Kinder entspricht, ist nicht zugunsten eines Wechselmodells bei mangelnder Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft abzuändern.
Können sich Eltern über die Regelung des Umgangs nicht untereinander einigen, ist das Gericht gehalten, eine Umgangsregelung zu treffen, die dem Wohl der Kinder am besten entspricht. Dem Kindeswillen kommt – abhängig vom Alter und von der individuellen Reife des Kindes – im Umgangsverfahren eine hohe Bedeutung zu. Langzeitstudien deuten darauf hin, dass ein den Kindern „aufgedrängter“ Umgang von diesen als Belastung empfunden wird und das Verhältnis zum umgangsberechtigten Elternteil negativ beeinflusst. Der Kindeswille hat eine doppelte Funktion. Zum einen ist er Ausdruck der empfundenen Personenbindung, die auch nonverbal, z.B. durch ein freudiges zu gehen auf den Umgangselternteil, zum Ausdruck gebracht werden kann und in dieser Funktion unabhängig vom Alter des Kindes ist. Zum anderen ist er Akt der Selbstbestimmung, wobei diese Funktion mit steigendem Alter an Bedeutung gewinnt. Damit korreliert die Bedeutung des Kindeswillens mit dem Alter des Kindes. Eine feste Altersgrenze für die Maßgeblichkeit des Kindeswillens in seiner Funktion als Ausdruck seiner Selbstbestimmung gibt es nicht. In der Regel wird bei Kindern ab dem 11.-13. Lebensjahr davon ausgegangen, dass sie zur Entwicklung eines selbstbestimmten Willens fähig sind.
OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 6.7.2021, 3 UF 144/20.