Kindergeld bei Auslandsstudium des Kindes
Hintergrund: Kindergeld für studierende Kinder wird u. a. nur dann gezahlt, wenn das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem EU-Staat oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (z. B. Norwegen) hat.
Anderenfalls wird das Existenzminimum des Kindes nur durch den Kinderfreibetrag von 1.824 € sowie durch den Freibetrag von 1.080 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf berücksichtigt; beide Freibeträge verdoppeln sich bei leiblichen Eltern, die zusammenveranlagt werden.
Streitfall: Die volljährige Tochter machte im Juli 2007 ihr Abitur und begann am 17.8.2007 ein Studium in den USA. Sie hielt sich Weihnachten 2007 für ca. zwei Wochen, im Sommer 2008 für fast drei Monate und Weihnachten 2008 für etwa drei Wochen im Haushalt ihrer Eltern auf. Dort standen ihr – nach dem Vortrag der Eltern – zwei eigene Zimmer nebst Küche und Bad zur Verfügung.
Die Familienkasse zahlte ab August 2007 kein Kindergeld mehr, weil die Tochter ab diesem Zeitpunkt weder ihren Wohnsitz noch den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hat.
Das Finanzgericht (FG) sprach den Eltern zumindest für den Zeitraum August bis Dezember 2007 Kindergeld zu, weil sich ihr Kind im Jahr 2007 mehr als fünf Monate im Inland aufgehalten hatte, nämlich von Januar bis Juli 2007. Damit bestand ein Wohnsitz im Inland. Für 2008 lehnte auch das FG die Gewährung von Kindergeld ab, weil das Kind spätestens ab Januar 2008 keinen inländischen Wohnsitz mehr hatte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hob – bezüglich des Streitjahrs 2007 – die Entscheidung des FG auf und verwies die Sache an das FG zur weiteren Aufklärung zurück.
Nach Auffassung des BFH reicht zwar eine Aufenthaltsdauer eines Studenten von fünf Monaten pro Jahr in der Wohnung der Eltern, um einen inländischen Wohnsitz beizubehalten. Diese Aufenthaltsdauer von fünf Monaten im Inland muss aber – grundsätzlich für jedes Jahr – während des Auslandsstudiums erfüllt sein. Es genügt nicht, wenn das Kind – wie im Streitfall – vor dem Studium fünf Monate in der Wohnung der Eltern gewohnt hat oder sich nach dem Studium dort wieder für fünf Monate aufhält. Es kommt immer auf die Dauer und Häufigkeit der Inlandsbesuche an, während der Student im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Das FG muss nun für 2007 prüfen, ob und wie lange sich die Tochter ab August 2007 in der Wohnung der Eltern aufgehalten hat.
Hinweis: Im Kindergeld gilt das Monatsprinzip, wonach das Kindergeld erst dann versagt wird, wenn die Voraussetzungen für das Kindergeld an keinem Tag des Monats vorlagen. Sollte sich also das Kind vor seiner Abreise in die USA und vor dem Studienbeginn am 17.8.2007 zumindest einen Tag im Inland aufgehalten haben, bekämen die Eltern zumindest für August 2007 Kindergeld.
Die Ablehnung von Kindergeld für das Jahr 2008 haben die Eltern vor dem BFH nicht angefochten. Die diesbezügliche Entscheidung des FG ist daher rechtskräftig.
BFH, Urteil v. 28.4.2010 – III R 52/09
Dies ist ein Service in Zusammenarbeit mit Verlag NWB.