Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Säumniszuschläge
Aufgrund des vorrangigen Zwecks der Säumniszuschläge als Druckmittel zur pünktlichen Entrichtung der Steuerschuld stellen verfassungsrechtliche Zweifel hinsichtlich der im Gesetz angeordneten Zinshöhe nicht zugleich die grundsätzliche Vereinbarkeit der in § 240 AO angeordneten Höhe der Säumniszuschläge von 1% je Monat in Frage.
Säumniszuschläge sind in erster Linie ein Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuern. Sie sind weder Zinsen noch Strafen, sondern ein Mittel, den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung anzuhalten Soweit den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, dass der Finanzausschuss dem Säumniszuschlag den Charakter eines „Zinsersatzes“ zuweisen wollte (BT-Drucks. 7/4292, S.15), hat sich diese Auffassung nicht durchgesetzt. Im Gesetzgebungsverfahren vertrat der Bundesrat die Auffassung, die Säumniszuschläge den verwaltenden Körperschaften zufließen zu lassen, weil mit ihnen zu einem erheblichen Teil Verwaltungsaufwendungen abgegolten würden, die bei den verwaltenden Körperschaften dadurch entstehen, dass der Steuerpflichtige eine fällige Steuer nicht oder nicht fristgerecht zahlt (BT-Drucks. 7/4495). Dieser Auffassung hat sich die Rechtsprechung und die h.M. in der Literatur letztlich angeschlossen (vgl. BFH-Beschluss vom 29.08.1991 V R 78/86, BStBl II 1991, 906 m.w.N.).
Der den Säumniszuschlägen innewohnende Zinseffekt stellt lediglich einen Nebeneffekt dar und aktualisiert sich erst in den Fällen, in denen der Normzweck des Druckmittels nicht eingreift und der Zweck der Verzinsung in den Vordergrund tritt). Erst in den Situationen, in denen der Säumniszuschlag nicht mehr als Druckmittel fungiert, entsteht die Situation, dass lediglich der Verzinsungszweck das Erheben von Säumniszuschlägen rechtfertigt. Dies offenbart sich indes erst im Einzelfall und kann keine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 240 AO im Allgemeinen begründen.
FG Münster, Beschluss v. 29.5.2020, 12 V 901/20