Hintergrund: Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer können nur dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn
* dies den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet oder
* für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; in diesem Fall ist der Abzug aber auf 1.250 € begrenzt.
Bis 2006 war außerdem auch ein Abzug bis zu 1.250 € möglich, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit ausmachte.
Streitfall: Ein Elektrotechniker war bei seiner Arbeitgeberin in einem Großraumbüro tätig. In seinen Steuererklärungen für 2005 und 2006 machte er Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer von jeweils ca. 1.200 € geltend. Er gab an, das Arbeitszimmer für einen interaktiven Englisch-Sprachkurs auf seinem PC genutzt zu haben; die entsprechende Software durfte er auf dem PC in seinem Büro nicht verwenden. Ein von seinem Arbeitgeber angebotener Sprachkurs sowie ein selbst initiierter Sprachkurs bei einer Sprachschule hätten seiner Auffassung nach wohl nicht zum gewünschten Erfolg geführt, weil er wegen seiner beruflichen Belastung nicht an allen Terminen hätte teilnehmen können. Die Notwendigkeit englischer Sprachkenntnisse wies er durch eine Bescheinigung seines Arbeitgebers nach. Das Finanzamt berücksichtigte die Kosten für das Arbeitszimmer nicht.
Entscheidung: Das Niedersächsische FG (FG) wies die Klage ab. Die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer waren nicht abziehbar, weil dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand:
* Der Arbeitnehmer verfügte bei seinem Arbeitgeber über einen vollständig ausgestatteten Büroarbeitsplatz. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser ruhig ist, insbesondere ob Publikumsverkehr herrscht, oder ob es sich – wie im Streitfall – um ein Großraumbüro handelt.
* Der Büroarbeitsplatz konnte auch für alle Tätigkeiten genutzt werden. Eine Einschränkung der Nutzbarkeit liegt erst dann vor, wenn der Arbeitnehmer einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verrichten muss.
* Der Arbeitnehmer konnte nicht nur seine Tätigkeit als Elektrotechniker, sondern auch seine Sprachfortbildung im Büro durchführen. Dort hätte er auch die englischen Vokabeln und Grammatik erlernen können. Er hätte zudem auch an den seitens des Arbeitgebers angebotenen Fortbildungskursen teilnehmen können; nur weil er an einzelnen Terminen beruflich gehindert war, war die grundsätzliche Teilnahme an diesen Kursen nicht ausgeschlossen.
* Dass der Steuerpflichtige sich stattdessen für ein interaktives Lernen am häuslichen PC entschieden hat, weil ihm das persönlich angenehmer war, ist steuerrechtlich nicht relevant. Ein solcher Beweggrund führt nicht dazu, dass ihm für das Erlernen der englischen Sprache kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand.
Hinweise: Hätte das FG den Fall anders entschieden, ergäbe sich ein erhebliches Gestaltungspotenzial, um die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers absetzen zu können. So könnte der Steuerpflichtige geltend machen, dass er sich zu Hause sprachlich fortbildet und er sich Vokabeln von einer anderen Person abfragen lassen müsse – und dies ginge nur im häuslichen Arbeitszimmer, nicht aber im Büro. Das FG hat die Revision zugelassen, die bereits eingelegt worden ist.
Niedersächsisches FG, Urteil v. 22.6.2010 – 12 K 482/08, Revision beim BFH, VI R 91/10
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