Haftung für Säumniszuschläge – Herabsetzung der Haftungsschuld
Eine Herabsetzung der Haftungsschuld für Säumniszuschläge wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners kommt nur in Betracht, wenn der Haftungsschuldner spätestens im Einspruchsverfahren substantiiert dargelegt und nachgewiesen hat, dass der Steuerschuldner überschuldet und zahlungsunfähig gewesen ist.
Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Danach liegt es im Ermessen der Finanzbehörde, ob sie von der ihr durch § 191 AO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht. Welches die maßgebliche Handlung bzw. Unterlassung ist, die dem Haftungsschuldner zur Last gelegt wird, ist dem Haftungsbescheid zu entnehmen, um dessen Wirksamkeit die Beteiligten streiten.
Wird ein Haftungsschuldner für Säumniszuschläge in Anspruch genommen, so sind bei der Inanspruchnahme gemäß § 191 Abs. 1 AO die Billigkeitsgesichtspunkte zu berücksichtigen, die bei der Erhebung der Säumniszuschläge gegenüber dem Steuerschuldner nach § 227 AO, also in einem besonderen Verfahren, zu einem Billigkeitserlass hätten führen können und unter Umständen auch hätten führen müssen. Sachlich unbillig ist die Erhebung von Säumniszuschlägen vor allem dann, wenn dem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuer wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit unmöglich ist und deshalb die Ausübung von Druck zur Zahlung ihren Sinn verliert.
BFH, Urteil v. 14.12.2021, VII R 14/19