Früheres Eigenkapitalersatzrecht auch nach Inkrafttreten des MoMiG in Altfällen weiterhin anwendbar
BGH
Pressemitteilung
26. Januar 2009
II ZR 260/07
Früheres Eigenkapitalersatzrecht auch nach Inkrafttreten des MoMiG in Altfällen weiterhin anwendbar
I. Der II. Zivilsenat des BGH hatte über die zum zweiten Mal in die Revisionsinstanz gelangte, auf eigenkapitalersatzrechtliche Erstattungsansprüche nach den sog. Novellenregeln (§§ 32 a, 32 b
GmbHG a. F.) und den sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbH a. F. analog) gestützte Klage eines Insolvenzverwalters gegen den Alleingesellschafter einer GmbH zu entscheiden, die – nach dem zu unterstellenden Vorbringen des Klägers – bereits im Herbst 1999 in die Krise geraten und über deren Vermögen infolgedessen im Juni 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.
II. Während des anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahrens ist zwischenzeitlich am 1. November 2008 das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) in Kraft getreten, das u.a. die sog. Novellenregeln der §§ 32 a, b GmbHG a. F. aufgehoben, deren Regelungsgehalt (teilweise gleichlautend) in das Insolvenzrecht verlagert und die sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbHG a. F. analog) durch die neu eingefügte Nichtanwendungsvorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n. F. außer Kraft gesetzt hat.
Zu der durch die Gesetzesänderung aufgeworfenen Frage des intertemporal anwendbaren Rechts in sog. Altfällen verhält sich (nur) die Überleitungsnorm des Art. 103 d EGInsO, die in ihrem Satz
1 bestimmt, dass auf Insolvenzverfahren, die vor dem Inkrafttreten des MoMiG am 1. November 2008 eröffnet worden sind, die bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften weiter anzuwenden sind.
Der II. Zivilsenat hat nunmehr entschieden, dass schon nach dem Wortlaut dieser Übergangsvorschrift das alte Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt sowohl der sog. Novellenregeln (§§ 32 a, 32 b GmbHG a. F.) als auch der sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbH a. F. analog) auf derartige Altfälle bei vor Inkrafttreten der Neuregelung eröffnetem Insolvenzverfahren als das seinerzeit geltende Gesetzesrecht weiterhin Anwendung findet.
Dieses allein sachgerechte Verständnis der Überleitungsnorm entspricht auch den – in Ermangelung weitergehender spezifischer rückwirkender Übergangsregelungen – im Übrigen heranzuziehenden
allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts: Danach untersteht ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht, das zur Zeit seiner Entstehung galt.
III. Demgemäß finden auch auf den vorliegenden Altfall die Vorschriften der Novellen- und der Rechtsprechungsregeln, unter deren Geltung sich nach dem Vortrag des Klägers der gesamte Entstehungstatbestand des Anspruchs aufgrund einer nach Eigenkapitalersatzrecht verbotenen Rückzahlung an den Beklagten verwirklicht hat, weiterhin Anwendung.
Zur – bislang rechtsfehlerhaft unterbliebenen – Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen nach den Regeln des alten Eigenkapitalersatzrechts hat der II. Zivilsenat des BGH die Sache an einenanderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Urteil vom 26. Januar 2009 – II ZR 260/07
LG Darmstadt – 1 O 259/02 – Urteil vom 17. Dezember 2002
OLG Frankfurt am Main – Schlussurteil vom 14. September 2007 – 24 U 43/03
Karlsruhe, den 28. Januar 2009
Pressestelle des Bundesgerichtshofs