Frist zur Anfechtung einer Erbschaftsannahme sowie die Verjährungsfrist zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen
1. Zur Frage, wann die Frist zur Anfechtung einer Erbschaftsannahme sowie die Verjährungsfrist zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen zu laufen beginnt, wenn den Pflichtteilsberechtigten, die einen eigenen Erbscheinsantrag gestellt haben, ein sie möglicherweise von der Erbfolge ausschließendes Testament bekannt wird, dessen Wirksamkeit und Auslegung aber in Streit stehen.
2. Die testamentarische Zuwendung eines Hausgrundstücks ist nicht als Alleinerbeneinsetzung auszulegen, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch über ein Schweizer Bankkonto mit ähnlichem Wert verfügt; dies gilt auch dann, wenn der Erblasser dieses Geld als „steuerlich verstrickt“ bewertet und bei Bekanntwerden des Geldes erhebliche Steuernachzahlungen befürchtet.
3. Die „Kenntnis“ eines gesetzlichen Erben von einem die Erbmasse aushöhlenden testamentarischen Vorausvermächtnis, die den Beginn der Ausschlagungsfrist in Lauf setzt, setzt ein zuverlässiges Erfahren der in Betracht kommenden Umstände voraus, aufgrund deren ein Handeln von dem Betroffenen erwartet werden kann.
4. Eine solche Kenntnis kann noch nicht angenommen werden, wenn das Nachlassgericht angekündigt hat, ein Sachverständigengutachten einzuholen zur Frage der Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Erstellung der letztwilligen Verfügung.
OLG Koblenz, Hinweisbeschluss v. 14.11.2021, 12 U 50/21