Finanzverwaltung reagiert auf die geänderte Rechtsprechung zur Abziehbarkeit gemischt-veranlasster Aufwendungen
Finanzverwaltung reagiert auf die geänderte Rechtsprechung zur Abziehbarkeit gemischt-veranlasster Aufwendungen
Hintergrund: Laut Gesetz und der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können Aufwendungen, die sowohl beruflich/betrieblich als auch privat veranlasst sind, weder anteilig noch vollständig als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden (sog. Abzugs- und Aufteilungsverbot). In der Praxis wurden aber häufig Ausnahmen seitens der Finanzbehörden zugelassen, so dass z. B. die Grundgebühr für einen gemischt-genutzten Telefonanschluss anteilig als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden konnte.
Der Große Senat des BFH hatte Ende letzten Jahres seine bisherige Rechtsprechung im Zusammenhang mit einer Dienstreise ins Ausland und anschließendem Urlaub geändert: Ein allgemeines Abzugs- und Aufteilungsverbot besteht nun nicht mehr. Sofern eine Trennung der beruflich und privat veranlassten Aufwendungen möglich ist, kann der Steuerpflichtige den beruflich veranlassten Anteil der Anreise- und Abreisekosten steuerlich geltend machen.
Beispiel: Bei einer Flugreise, die vier Tage lang beruflich veranlasst ist und an zwei weiteren Tagen privaten Zwecken dient, kann der Steuerpflichtige 2/3 der Flugkosten steuerlich abziehen.
Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF): Das BMF akzeptiert die geänderte Rechtsprechung des BFH. Damit können gemischt veranlasste Aufwendungen zumindest anteilig steuerlich abgesetzt werden können. Die wichtigsten Aussagen des BMF-Schreibens werden anhand folgender Beispiele erläutert:
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Die Aufteilung der gemischt-veranlassten Aufwendungen kann laut Finanzverwaltung nach Zeit-, Mengen-, Flächenanteilen oder aber nach Köpfen erfolgen.
* Beispiel: Eine Aufteilung nach Köpfen kommt etwa in Betracht, wenn zu einem Firmenjubiläum neben 80 Geschäftsfreunden auch 20 Freunde eingeladen werden. 80 % der Kosten sind dann grundsätzlich absetzbar (unter Beachtung der gesetzlichen Abzugsbeschränkung für Bewirtungsaufwendungen im Umfang von 70 %).
* Ist die private Mitveranlassung einer Reise von untergeordneter Bedeutung (d. h. weniger als 10 %), können die gemischt veranlassten Aufwendungen vollständig als Werbungskosten/Betriebsausgaben abgesetzt werden. Nimmt ein Arbeitnehmer aufgrund einer Weisung seines Arbeitgebers einen ortsgebundenen Termin wahr oder ist ein Selbständiger Aussteller auf einer auswärtigen Messe, kann von einer untergeordneten privaten Mitveranlassung ausgegangen werden.
Liegt hingegen die berufliche/betriebliche Mitveranlassung einer Reise bei unter 10 %, können die Aufwendungen vom Steuerpflichtigen auch nicht anteilig abgezogen werden. Laut BFH darf der berufliche/betriebliche Anteil nicht nur geringfügig sein. Allerdings lässt die Finanzverwaltung in diesem Fall zu, dass zusätzliche Ausgaben, die ausschließlich beruflich/betrieblich veranlasst sind, steuerlich abgesetzt werden können.
* Beispiel: Nimmt ein Unternehmer während einer 14-tägigen Urlaubsreise an einem eintägigen Fachseminar teil, kann er zwar nicht die anteiligen Flugkosten absetzen, wohl aber die Gebühr für das Seminar und ggf. auch die Verpflegungsmehraufwendungen für diesen Tag.
Weiterhin nicht absetzbar sind Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen wie Kosten für die Kleidung, Gesundheit, Zeitung oder für den Besuch kultureller oder sportlicher Veranstaltungen etc. Gleiches gilt für Aufwendungen, bei denen eine Trennung nicht möglich ist und auch eine Grundlage für eine Schätzung fehlt: z. B. bei Kosten für eine überregionale Tageszeitung, die auch einen beruflich relevanten Teil (z. B. Beilage für Recht oder Technik) enthält.
Das BMF-Schreiben bindet nur die Finanzverwaltung, nicht die Finanzgerichte, und gilt in allen noch offenen Fällen. Es wird allerdings nicht zuungunsten der Steuerpflichtigen angewendet.
BMF, Schreiben v. 6.7.2010 – IV C 3 – S 2227/07/10003 :002