Familienrecht: Genereller Ausschluss des Umgangs mit dem Kind während der Ferien muss vom Gericht begründet werden
Familienrecht: Genereller Ausschluss des Umgangs mit dem Kind während der Ferien muss vom Gericht begründet werden
Streitfall: Die Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren, trennten sich im Jahr 2005. Die gemeinsame Tochter C (geb. in 2001) lebt seither bei der Mutter. Für die Zeit von Juli 2005 bis Juni 2007 hat die Mutter das Umgangsrecht des Vaters mit C aufgrund der vor dem Jugendamt geschlossenen Umgangsvereinbarung zugelassen. Im Juni 2007 leitete der Vater unter Hinweis auf den ihm durch die Mutter verwehrten Umgang ein Vermittlungsverfahren ein, das erfolglos blieb. Im April 2008 hat der Vater eine gerichtliche Regelung des Umgangs mit seiner Tochter C beantragt. Das Amtsgericht (AG) hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Nachdem das Gutachten vorlag, hat das AG den Antrag des Vaters zurückgewiesen und auf die geschlossenen Umgangsvereinbarung der Eltern verwiesen. Gegen diese Entscheidung haben beide Elternteile Beschwerde erhoben.
Der Vater trug u. a. vor, dass seine Tochter nicht bei ihm übernachten darf, und bei einem nur an einzelnen Tagen möglichen Umgang mit einem Ende um 17 Uhr Ausflüge an die Ostsee oder in einen Freizeitpark nicht möglich sind. Der Vater beantragte, ihm Umgang mit dem Kind alle zwei Wochen von freitags,18 Uhr, bis sonntags,17 Uhr, an den Zweitfeiertagen von Ostern, Pfingsten und Weihnachten in der Zeit von 9 Uhr bis 18 Uhr sowie während zweier Wochen in den großen Ferien einzuräumen. Die Mutter beantragte ihrerseits, dem Kindsvater gar keinen Umgang mehr zu erlauben, weil C keinen Kontakt wünschte, da sie den Vater einmal alkoholisiert erlebt hatte.
Entscheidung: Das zuständige Oberlandesgericht (OLG) hat den Umgang des Vaters mit dem Kind neu und unfassend geregelt und dabei auch festlegt, dass der Vater mit seiner Tochter zwei Wochen der Sommerferien verbringen kann. Dies begründete das OLG wie folgt:
* Jedes Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet.
* Das Umgangsrecht soll es Elternteilen u. a. ermöglichen, sich laufend von der Entwicklung und dem Wohlergehen des Kindes zu überzeugen und dabei eine Entfremdung verhindern.
* Das Kind soll mit dem Umgangsrecht die Möglichkeit haben, die Beziehung zu dem nicht mit ihm zusammen lebenden Elternteil aufrechtzuerhalten, und diese durch Begegnungen und gegenseitige Aussprache zu pflegen.
* Für die seelische Entwicklung des Kindes ist es wichtig, nicht nur einen sorgenden Elternteil als ständigen Bindungspartner zu haben, sondern auch den anderen als Elternteil nicht faktisch zu verlieren.
* Können sich die Eltern über die Ausübung des Umgangs nicht einigen, so regelt das Gericht den Umgang ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls.
Das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils und die elterliche Sorge sind im Grundgesetz geschützt:
* Die Gerichte müssen eine Entscheidung treffen, die sowohl die Grundrechte der Eltern als auch das Wohl des Kindes berücksichtigt.
* Jede Einschränkung des Umgangsrechts unter Hinweis auf das Kindeswohl muss vom Gericht eingehend begründet werden.
* So verstößt der generelle Ausschluss des Umgangs während der Ferienzeiten ohne diesbezügliche Begründung seitens des Gerichts immer gegen das Elternrecht.
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Eine Einschränkung des Umgangs, z. B. dass ein bestimmter Ort der Kontaktaufnahme angeordnet bzw. ein Umgang mit Übernachtungen beim umgangsberechtigten Elternteil ausgeschlossen wird, kommt auch nur in Betracht, wenn dies zum Kindeswohl nötig ist.
Hinweise: In der Praxis wird ein Sachverständiger Eltern und das Kind getrennt voneinander befragen und sich eine Meinung bilden, ob das Umgangsrecht dem Kindeswohl entspricht. U. U. wird sich der Sachverständige auch in Kita, Schule und Hort über das Kind erkundigen. Das Gericht kann seinerseits das Kind in Abwesenheit der Eltern befragen. Hat zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil für längere Zeit kein Umgang stattgefunden, kann das Familiengericht anordnen, dass der Umgang zunächst nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist.
OLG Brandenburg, Beschluss v. 20.7.2010 – 10 UF 25/10
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