Erste Tätigkeitsstätte einer Mitarbeiterin des allgemeinen Ordnungsdienstes nach neuem Reisekostenrecht
Eine überwiegend im Außendienst tätige Mitarbeiterin des allgemeinen Ordnungsdienstes hat im Ordnungsamt, dem sie zugeordnet ist, ihre erste Tätigkeitsstätte, wenn sie dort zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die sie dienstrechtlich schuldet und die zu dem Berufsbild einer Mitarbeiterin des allgemeinen Ordnungsdienstes gehören.
Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 (BGBl I 2013, 285) neu eingeführte und in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG definierte Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ tritt an die Stelle des bisherigen unbestimmten Rechtsbegriffs der „regelmäßigen Arbeitsstätte“.
Die Klägerin war dort im Streitjahr auch in dem erforderlichen Umfang tätig. Die Tätigkeit der Klägerin im Bereich des Allgemeinen Ordnungsdienstes umfasste die Wahrnehmung von Aufgaben, die die Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit im öffentlichen Raum betrafen. Hierbei war sie zwar überwiegend im Außendienst tätig, ihre Tätigkeit umfasste aber auch Aufgaben, die in der Dienststelle des OAC zu erledigen waren. Diese war Ort des Dienstbeginns und des Dienstendes der Klägerin. Weiter war es regelmäßig erforderlich, die Außendiensttätigkeit aufgrund dienstlicher Erfordernisse zu unterbrechen und das Dienstgebäude aufzusuchen. Dort hatte die Klägerin nach Dienstbeginn täglich vorbereitende Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von 45 Minuten zu erledigen. Neben der Entgegennahme von Dienstgeräten und ihrem Fahrzeug bearbeitete sie dort einen Teil der Anzeigen und nahm an Dienstbesprechungen teil oder bereitete Gerichtstermine vor. Die Tätigkeiten an der Dienststelle weisen danach einen die Außendiensttätigkeit inhaltlich ergänzenden Bezug auf und gehören ebenso zum Berufsbild einer Mitarbeiterin des Allgemeines Ordnungsdienstes wie der Außendienst. Hingegen erschöpfen sie sich nicht in rein organisatorischen Maßnahmen wie etwa der Abgabe von Unterlagen für die Erfassung der Dienstzeit.
BFH, Urteil v. 12.7.2021, VI R 9/19