Aufwendungen für glutenfreie Diätverpflegung sind keine außergewöhnlichen Belastungen
Der Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG bei Krankheitskosten begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch bei Krankheitskosten, die aufgrund eines vereinbarten Selbstbehalts von der privaten Krankenversicherung nicht erstattet werden.
Das Abzugsverbot für Aufwendungen für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG ist verfassungsgemäß.
In Abgrenzung zu den Lebenshaltungskosten erwachsen Krankheitskosten einem Steuerpflichtigen regelmäßig zwangsläufig, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Sie gehören aber nur dann zu den nach § 33 EStG zu berücksichtigenden Aufwendungen, wenn sie zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen. Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten wird die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde nach noch der Höhe nach geprüft.
Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Begriff der Krankheit einen anormalen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand voraus, der den Betroffenen „in der Ausübung normaler psychischer oder körperlicher Funktionen“ beeinträchtigt, sodass er nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf. Zöliakie ist eine Krankheit in diesem Sinne, sodass Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für Arzneimittel als Krankheitskosten grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können, wenn ihre Zwangsläufigkeit oder Notwendigkeit durch ärztliche Verordnung nachgewiesen ist.
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die geltend gemachten Aufwendungen den (im Einzelfall erhöhten) Lebenshaltungskosten oder den Krankheitskosten zuzurechnen sind. Denn die Kosten, die durch eine Diätverpflegung entstehen, können nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG in keinem Fall als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden . Unter Diätverpflegung ist im Anschluss an den üblichen Sprachgebrauch jede Form einer frei erhältlichen, hochwertigen Ernährung zur Gesundheitsförderung oder -erhaltung zu verstehen. Ohne Belang ist demgegenüber im Hinblick auf die dargelegte Geschichte und Reichweite der Bestimmung des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG, ob diese Nahrungsmittel aufgrund ärztlicher Verordnung eingenommen werden und ob sie lediglich zur Unterstützung einer medikamentösen Behandlung in ernährungs-therapeutischer Hinsicht oder selbst unmittelbar als Therapeutikum mit heilender Wirkung, als Medikament im medizinischen Sinne eingesetzt werden. Die von den Klägern getätigten Aufwendungen stellen unstreitig Diätverpflegung in diesem Sinne dar.
BFH, Beschluss v. 4.11.2021, VI R 48/18