Auch beim Freiberufler sind sog. Anschlussprüfungen zulässig
Hintergrund: Das Finanzamt darf bei Gewerbetreibenden, Freiberuflern sowie Land- und Forstwirten jederzeit eine Betriebsprüfung durchführen. Die Finanzverwaltung hat aber Grundsätze für die Häufigkeit und Dauer von Außenprüfungen festgelegt, die für die Finanzämter bindend sind und auf die sich Unternehmer berufen können: So soll eine Betriebsprüfung grundsätzlich nicht mehr als drei Besteuerungszeiträume umfassen, also z. B. nur die Jahre 2007 bis 2009, nicht aber die Jahre 2006 bis 2009. Nur bei Großbetrieben sollen durchgängig Prüfungen möglich sein, d. h. nach der Außenprüfung der Jahre 2004 bis 2006 dürfen anschließend die Jahre 2007 bis 2009 geprüft werden.
Streitfall: Das Finanzamt führte bei einem freiberuflich tätigen Arzt eine Betriebsprüfung für die Jahre 1998 bis 2000 durch. Wegen des Verdachts auf leichtfertige Steuerverkürzung erweiterte das Finanzamt die Prüfung auf die Jahre 1996 und 1997.
Der Veranlagungszeitraum 2001 blieb prüfungsfrei. Dann ordnete das Finanzamt aber im Jahr 2008 eine Betriebsprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 an. Im Ergebnis prüfte es damit die Jahre 1996 bis 2000 und 2002 bis 2004.
Der Arzt wandte sich gegen die Prüfungsanordnung für die Jahre 2002 bis 2004, weil er die erneute Betriebsprüfung als Schikane empfand. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Hiergegen legte der Arzt Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) ein, mit der er eine Zulassung der Revision erreichen wollte.
Entscheidung: Der BFH ließ die Revision nicht zu und wies die Nichtzulassungsbeschwerde mit der folgenden Begründung zurück:
Eine lückenlose Betriebsprüfung ist nur bei Großbetrieben vorgesehen. Dies ergibt sich aus der Verwaltungsanweisung für Betriebsprüfungen. Bei kleinen und mittelgroßen Betrieben darf das Finanzamt also nicht ohne Weiteres sog. Anschlussprüfungen vornehmen, sondern ist grundsätzlich auf eine Prüfung von drei Prüfungsjahren beschränkt.
Diese Begrenzung auf drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume bei kleinen und mittelgroßen Betrieben gilt nach der Verwaltungsanweisung aber nicht, wenn
mit erheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder
der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit besteht.
Dabei ist es zulässig, wenn das Finanzamt bewusst ein Jahr zwischen zwei Betriebsprüfungen prüfungsfrei lässt, um so die Unberechenbarkeit seiner Prüfungsmaßnahmen zu erhöhen. Der Steuerpflichtige hat also keinen Anspruch auf eine berechenbare Prüfungsphase.
Im Streitfall bestanden keine Anhaltspunkte dafür, dass die erneute Betriebsprüfung schikanös oder willkürlich war
Hinweise: Die Entscheidung des BFH macht deutlich, dass das Finanzamt grundsätzlich frei entscheiden kann, wie oft es Gewerbetreibende, Freiberufler oder Land- und Forstwirte prüft. Anschlussprüfungen sind also auch bei kleineren und mittelgroßen Betrieben im Einzelfall durchaus zulässig. Dies gilt insbesondere dann, wenn die erste Prüfung zu erheblichen Mehrergebnissen oder gar steuerstrafrechtlichen Ermittlungen geführt hat.
BFH, Beschluss v. 16.2.2011 – VIII B 246/09
Dies ist ein Service in Zusammenarbeit mit Verlag NWB.