Hintergrund: Kindergeld wird für ein Kind, das sich in der Berufsausbildung befindet, nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs gezahlt. Hat das Kind aber einen Zivildienst oder Grundwehrdienst absolviert, wird der Zeitraum des Zivildienstes bzw. Grundwehrdienstes über die Altersgrenze von 25 Jahren hinaus gesetzlich berücksichtigt, soweit das Kind seine Ausbildung noch nicht beendet hat. Dauerte der Zivildienst also 10 Monate, wird Kindergeld für das Kind (in Ausbildung) gezahlt, bis es 25 Jahre und 10 Monate alt ist.
Streitfall: Der Sohn absolvierte vom 4.8.2003 (einem Montag) bis zum 31.5.2004 seinen zehnmonatigen Zivildienst. Für den August 2003 erhielten die Eltern berechtigterweise Kindergeld, weil sich der Sohn vom 1.8. bis 3.8. 2003 noch in der Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt (Gymnasium) und dem Zivildienst befand. Im November 2008 wurde der Sohn 25 Jahre alt und studierte noch Medizin. Die Familienkasse zahlte Kindergeld nur bis einschließlich August 2009. Dabei berücksichtigte sie lediglich neun Monate des Zivildienstes (die Monate September 2003 bis Mai 2004). Den August 2003 berücksichtigte die Familienkasse nicht als Zivildienstzeit, weil die Eltern für diesen Monat Kindergeld erhalten hatten.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab den Eltern Recht. Im Streitfall verlängert sich der Anspruchszeitraum – über die Altersgrenze von 25 Jahren, die im November 2008 erreicht wurde – um die gesamte Dauer des Zivildienstes (10 Monate) bis einschließlich September 2009. Die Bundesrichter begründeten ihr Urteil wie folgt:
* Der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig: Die Verlängerung über das vollendete 25. Lebensjahr hinaus erfolgt in dem Umfang, in dem der Zivil-/Grundwehrdienst tatsächlich dauert.
* Die Verlängerung um den gesamten Zeitraum des Zivildienstes berücksichtigt, dass sich der Ausbildungsabschluss des Kindes um diese Dauer des Zivil-/Grundwehrdienstes verzögert. Insoweit verschiebt sich auch die Dauer der Unterhaltsverpflichtung der Eltern entsprechend nach hinten.
* Der Verlängerungszeitraum wird nicht deshalb um einen Monat verkürzt, weil der Sohn seinen Zivildienst nicht am 1.8.2003, sondern erst am 4.8.2003 angetreten hatte und deshalb für diesen Monat noch Kindergeld gezahlt wurde.
* Zwar wird damit das Kindergeld im Ergebnis einen Monat länger gezahlt; dies ist aber Folge des im Kindergeldrecht geltenden Monatsprinzips. Kindergeld wird nämlich erst dann versagt, wenn die Voraussetzungen für das Kindergeld an keinem Tag des Monats vorlagen. Die formale Betrachtungsweise im Streitfall – zwischen Schulabschluss und Zivildienst lag nur ein Wochenende – ändert nichts an der Berechtigung des Kindergelds.
Hinweis: Der BFH ließ offen, ob der Verlängerungszeitraum dann um einen Monat zu kürzen ist, wenn das Kind
* seinen Zivil-/Grundwehrdienst – wie im Streitfall – erst im Laufe des Monats begonnen hat und
* während dessen gleichzeitig eine Ausbildung absolviert.
In diesem Fall könnte es also möglich sein, dass ein Monat anders als im Streitfall nicht an das Ende des Verlängerungszeitraums „angehängt“ wird.
BFH, Urteil v. 20.5.2010 – III R 4/10
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